
Depression – mehr als nur traurig!
Nur „schlecht drauf“ oder depressiv? Welche Symptome auf eine Depression hindeuten können…
Jeder hat mal ein Stimmungstief, ist traurig, erschöpft und antriebslos. Solche seelischen Tiefs als Reaktion auf bestimmte Lebensumstände sind völlig normal und verschwinden mit der Zeit von allein wieder. Eine leichte Niedergeschlagenheit ist meist nach einer oder zwei Wochen vorbei. Eine ausgeprägte depressive Verstimmung, meist ausgelöst durch aktuelle Belastungen, wie Stress, finanzielle Sorgen, Misserfolgserlebnisse, körperliche Beschwerden oder den Verlust eines geliebten Menschen, kann auch mehrere Monate lang anhalten.
Geht der Zustand jedoch für längere Zeit über ein Stimmungstief hinaus und beeinflusst das Denken, Fühlen und Handeln, spricht man von einer Depression – einer ernsthaften Erkrankung.
Depressionen beeinflussen sowohl seelische als auch körperliche Funktionen
Menschen mit einer Depression erleben eine Phase tiefer Traurigkeit, die über mehrere Wochen und Monate anhalten kann und aus der sie oft keinen Ausweg sehen. Positive Gefühle, wie Freude, Lust, Energie, Interesse, Zufriedenheit oder Entspannung treten bei einer Depression stark in den Hintergrund oder fehlen ganz. Dagegen bestimmen negative, unangenehme und schmerzhafte Gefühle in einem nicht bekannten Ausmaß das Leben.
Man fühlt sich niedergeschlagen, traurig, ängstlich, verbittert, einsam, hilflos, leer, erschöpft, verzweifelt, ohne Hoffnung. Hinzu kommen ein verringertes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle und ständiges Grübeln. Kontakte zu Freunden und Angehörigen werden vernachlässigt.
Eine Depression kann sich ganz unterschiedlich äußern
Bei den oben genannten Symptomen handelt sich nur um eine Aufzählung möglicher Anzeichen, die nicht alle vorkommen müssen und auch unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Oft sind die Beschwerden am frühen Morgen (Morgentief) oder in der Nacht schlimmer.
Es gibt auch jahreszeitliche Schwankungen (SAD Seasonal Affective Disorder = Sommer-/Winterdepression).
Gerne übersehen werden lang anhaltende („chronische“), doch weniger stark ausgeprägte Depressionen, sogenannte „Dysthymien“. Diese dauern über Jahre, nicht selten lebenslang an. Die Symptome sind jedoch weniger stark und werden meist von Erschöpfung und Müdigkeit dominiert.
Ursachen von Depressionen
Eine Depression kann dann entstehen, wenn verschiedene Belastungsfaktoren gleichzeitig auftreten und ist in der Regel das Ergebnis einer längeren Entwicklung. Fachleute gehen davon aus, dass dabei vieles zusammenwirkt: biologische Vorgänge, psychische Faktoren, die Lebensumstände und besondere Ereignisse (s.a. Kasten unten). Bei einer Depression ist immer der Stoffwechsel im Gehirn bzw. in bestimmten Teilen des Gehirns (Antriebs- und Emotionszentrum) verändert. Depressive Patienten weisen im Vergleich zu Gesunden oft eine erniedrigte Aktivität von Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin auf.
Belastungsfaktoren
Biologische Faktoren:
Vererbung, Stoffwechselstörung, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus, Lichtmangel, Ernährung, Altern, Stress, andauernde Belastungen, Infektionen und verschiedene Erkrankungen (z.B. Krebs, schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Schilddrüsenunterfunktion, Hormonstörungen), Einnahme bestimmter Medikamente, frühere Depressionen
Psychische Faktoren:
Verluste, traumatische Erlebnisse, negative Einstellungen, Mangel an Positivem, Fehlverhalten, Frustration, Hilflosigkeit
Soziale Faktoren:
Einsamkeit, Streit, Strukturlosigkeit, Alter, Ausgrenzung, Kontrollverlust, Lebensereignisse, Überforderungen, Einschränkungen
Lass Dir helfen
Leider ist es für Betroffene meist nicht einfach zu erkennen, ob es sich bei ihrem Problem noch um eine depressive Verstimmung oder bereits um eine Depression handelt. Männer tun sich zudem häufig schwerer als Frauen, ihre Gefühle und Beschwerden richtig wahrzunehmen. Wer sich nicht sicher ist, ob er einfach nur niedergeschlagen oder bereits depressiv ist, findet im Internet verschiedene Möglichkeiten zum Selbsttest. Ab einer gewissen Dauer und Schwere der Symptome sollte man sich unbedingt professionelle Hilfe suchen.
Martin Hautzinger, Ratgeber Depression – Information für Betroffene und Angehörige, 2. Aktualisierte Auflage, hogrefe, 2018