Uhren als Zahnräder dargestellt

Wenn die innere Uhr aus dem Takt kommt 

Die innere Uhr bestimmt nicht nur unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Kommt sie aus dem Takt, kann dies Folgen für das Wohlbefinden und unsere Gesundheit haben. 


Das moderne Leben ist eine Herausforderung für unsere innere Uhr: Schichtarbeit, künstliches Licht, Fernreisen etc. können den sensiblen Biorhythmus aus dem Takt bringen. Viele Menschen reagieren bereits auf die halbjährliche Zeitumstellung mit Müdigkeit, Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Konzentrationsproblemen - ähnlich einem „Mini-Jetlag“. Doch was geschieht, wenn wir unseren inneren Taktgeber immer wieder stören?

Alle Zellen haben eine innere Uhr 

In unserem Körper befindet sich nicht nur eine, sondern eine Vielzahl von inneren Uhren. Jede Zelle besitzt ihren eigenen Zeitmesser. Weil der Körper aber als Ganzes funktionieren muss, müssen all diese Uhren synchronisiert werden. 

Dies übernimmt eine übergeordnete „Zentraluhr“ im Gehirn, der suprachiasmatische Nukleus (SCN), eine ca. 1 mm große Ansammlung von Nervenzellen nur wenige Zentimeter hinter der Nasenwurzel. Das Tageslicht hilft diese Uhr zu justieren. 

Die „Körperuhren“ orientieren sich darüber hinaus an Ruhe-/Aktivitätsphasen, Essenszeiten und (Körper-) Temperaturzyklen, die nicht zwangsläufig vom SCN gesteuert werden.

Darstellung des Schlaf-Wach Rhythmus


Schlaf-Wach-Rhythmus - der Körper arbeitet in der Nacht anders als am Tag 

Die Bedeutung der inneren zirkadianen Uhr ist immens: Es gibt kaum eine Funktion im Körper, die nicht tagesrhythmisch beeinflusst wird (→ zirkadianer Rhythmus*). Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Aufrechterhaltung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Hier spielen vor allem die Hormone Melatonin und Cortisol eine wichtige Rolle. Wenn es abends dunkel wird, schaltet die innere Uhr auf „Nachtbetrieb“, von der Zirbeldrüse wird unser Schlafhormon Melatonin freigesetzt. Es macht uns müde und verlangsamt viele Körperfunktionen zu Gunsten der Nachtruhe. Körpertemperatur und Blutdruck sinken. 

Der Melatonin-Spiegel erreicht etwa in der Mitte der Nacht den Höhepunkt und nimmt dann bis zu den frühen Morgenstunden wieder ab. Ab ca. drei Uhr morgens wird in der Nebennierenrinde dann der „Gegenspieler“ Cortisol produziert. Das umgangssprachlich auch als „Stresshormon“ bezeichnete Cortisol regt den Stoffwechsel an, versorgt uns mit Energie und programmiert so den Körper wieder auf „Tagbetrieb“.

Leben gegen die innere Uhr kann uns krank machen 

Gegen die innere Uhr zu leben, kann nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbringen - der ganze Organismus gerät aus dem Gleichgewicht. Die bekanntesten Beispiele sind Schichtarbeit oder Flugreisen, bei denen innerhalb weniger Stunden mehrere Zeitzonen durchquert werden. Aber auch ein Leben gegen den angeborenen Takt (→ Chronotypen**), durch soziale oder berufliche Verpflichtungen, kann belastend sein. Da viele Menschen sich zudem meist in Innenräumen aufhalten, ist der Mangel an natürlichem Tageslicht ein zusätzlicher Störfaktor. Abgesehen von Schlaf-, Konzentrations- oder Verdauungsproblemen wird auch das Auftreten von Stoffwechselkrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz und sogar bestimmter Krebsarten mit einer Störung des zirkadianen Systems in Verbindung gebracht. 


Essen zur falschen Tageszeit steigert das Risiko für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen 

Da die inneren Uhren auch den zeitlichen Ablauf von Stoffwechselprozessen und Energieverbrauch regulieren, ist es nicht nur wichtig was und wie viel wir essen, sondern auch wann. In Studien konnte z. B. gezeigt werden, dass Schichtarbeit ungesundes Essverhalten sowie eine gestörte Glukosetoleranz fördert und so das Risiko für Übergewicht und Typ-2-Diabetes erhöht. Zudem wurden bei Schichtarbeitern erhöhte Cortisol-Werte gemessen, die mit einem höheren Body-Mass-Index in Verbindung standen. Umgekehrt kann auch eine Änderung des Darm-Mikrobioms, z. B. durch Antibiotika, veränderte Ernährungsweise, Alter oder Stress, die inneren Uhren im Verdauungstrakt stören und so Stoffwechselerkrankungen begünstigen.

Gestörter Rhythmus - auch ungesund für unsere Psyche 

Immer mehr Hinweise sprechen für einen Zusammenhang von Störungen der zirkadianen Rhythmen und schlechter psychischer Gesundheit. Forscher aus Glasgow fanden heraus, dass erhöhte Aktivität während der Ruhezeiten und/oder Inaktivität während des Tages mit einem höheren Risiko für Stimmungsstörungen (wie Depressionen und bipolaren Störungen), einem schlechteren Wohlbefinden und auch langsameren Reaktionszeiten verbunden waren. Wie aktiv dabei die Studienteilnehmer (über 90000!) am Tag und in der Nacht waren, wurde mit einem Beschleunigungssensor am Handgelenk registriert. 

Auch bei der saisonal auftretenden „Winterdepression“ geht man davon aus, dass eine „verstellte innere Uhr“ und ein damit verbundenes hormonelles Ungleichgewicht (zu wenig „Glückshormon“ Serotonin) zu den Beschwerden führt.

Tageszeitliche Regulation des Immunsystems 

Die Steuerung des Immunsystems unterliegt ebenfalls einer zirkadianen Rhythmik. So kann die Schwere einer Virusinfektion z.B. davon abhängen zu welcher Tageszeit die Ansteckung erfolgte. 

Denn die Anzahl von Immunzellen im Blut und im Gewebe und auch die Stärke von Entzündungsreaktionen schwanken im Tagesverlauf. Ist die innere Uhr beeinträchtigt, erleichtert dies die Vermehrung von Viren im Körper. Menschen mit gestörtem Tagesrhythmus sind daher oft anfälliger für Viruserkrankungen.

3 Tipps für den richtigen Takt 

Sicher ist es nicht immer einfach im Einklang mit der inneren Uhr zu leben. Arbeit, Schule und auch unser Privatleben lassen dies oft nicht zu. Um trotzdem möglichst „im Takt zu bleiben“ solltest Du folgendes beachten: 

  • Regelmäßige Essenszeiten 
  • Am Tag Tageslicht „tanken“, Schlafen im Dunkeln (Lichthygiene) 
  • Mit der richtigen Schlafhygiene für guten Schlaf sorgen

*Der natürliche Hell-Dunkel-Wechsel unseres 24-Stunden-Tages steuert unsere inneren biologischen Uhren. Jeder Mensch besitzt dabei eine individuelle Taktgeschwindigkeit, die selten genau 24 Stunden beträgt. Darum spricht man auch vom „zirkadianen Rhythmus“, abgeleitet von lateinisch circa = ungefähr und dies = Tag. 
 **Die innere Uhr bestimmt auch unseren Chronotypen. Die sog. „Lerchen“ sind Morgenmenschen, sie stehen früher auf, werden allerdings auch eher müde. Die „Eulen“ werden erst abends richtig munter und schlafen dafür morgens länger. Ob man zu den Morgenmuffeln oder den Frühaufstehern gehört ist vermutlich angeboren und kann nicht so einfach geändert werden. Allerdings kann es während des Lebens individuelle Veränderungen geben. Viele Kinder stehen z.B. gern früh auf und entwickeln sich in der Pubertät dann zu Langschläfern.

Finger & Kramer. Mammalian circadian systems: Organization and modern life challenges. Acta Physiol (Oxf). 2021 Mar;231(3):e13548. 
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