
Sommerdepression – wenn die Sonne nicht glücklich macht
Es ist Sommer. Die Sonne scheint, die Menschen genießen die warme Jahreszeit, treffen sich am Badesee oder im Biergarten… Doch du hast keine Lust rauszugehen, fühlst dich innerlich leer, gereizt, niedergeschlagen und möchtest dich am liebsten den ganzen Tag im Bett verkriechen? Dann könnte eine Sommerdepression dahinterstecken – eine oft übersehene Form der saisonalen Depression.
Was ist eine Sommerdepression?
Die Winterdepression ist bekannt: Lichtmangel gilt als eine Hauptursache dafür. Doch die SAD, die seasonal affective disorder (saisonal-abhängige Depression), kommt nicht nur in den Herbst- und Wintermonaten vor. Die sogenannte Sommerdepression tritt in der hellen Jahreszeit auf – meist zwischen Mai und September.
Betroffene erleben dann Symptome einer klassischen Depression wie gedrückte Stimmung, die die meiste Zeit des Tages anhält, Verlust von Interessen und Antrieb oder sozialer Rückzug. Auch Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit und ein vermindertes Selbstwertgefühl können auftreten.
Während sich die Winterdepression insbesondere durch gesteigerten Appetit auf Kohlenhydrate und ein erhöhtes Schlafbedürfnis auszeichnet, leiden die Betroffenen bei einer Sommerdepression eher an Unruhe, Schlafstörungen und Appetitlosigkeit. Viele empfinden den gesellschaftlichen Druck, fröhlich und aktiv sein zu müssen, als zusätzlichen Stressfaktor – was die Symptomatik verstärken kann.
Warum macht der Sommer manchen Menschen zu schaffen?
Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht.
Verschobene biologische Rhythmen, wie der Schlaf-Wach-Rhythmus, können zu psychischen Beschwerden führen und könnten Mit-Auslöser einer Sommerdepression sein. Ein harmonisches Zusammenspiel der Hormone Serotonin und Melatonin ist entscheidend für einen normalen Tagesrhythmus. Während der Körper tagsüber Serotonin herstellt, wird dieses abends bei Dunkelheit in Melatonin umgewandelt, was die Schlafbereitschaft fördert. Durch die längeren Tage im Sommer kann die Melatoninproduktion aus der Balance geraten.
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Auch die höheren Temperaturen im Sommer könnten zu gedrückter Stimmung führen. Denn Hitze kann die Regulation des Stresshormons Cortisol beeinflussen. Außerdem wird vermutet, dass Hitzestress die Sauerstoffversorgung und Kühlung des Gehirns beeinträchtigt, was wiederum die Durchblutung von Zentren zur Emotionsregulierung einschränken könnte.
Viele Menschen fühlen sich zudem gerade im Sommer oft überfordert: ein verändertes Freizeitverhalten, Ferienzeiten, Hitze und längere Abende bringen viele Routinen aus dem Gleichgewicht – was gerade für sensible Menschen nicht immer einfach ist. Auch das Idealbild vom "perfekten Sommer" (Urlaub, Leichtigkeit, Aktivität) kann emotionalen Druck erzeugen.
Was tun bei „Summertime Sadness“?
- Feste Tagesstrukturen (auch in den Ferien oder bei Hitze) helfen innere Stabilität zu bewahren.
- Schattige Rückzugsorte, kühle Abendspaziergänge oder Waldaufenthalte können beruhigend wirken, ohne zu überfordern.
- Soziale Medien verstärken oft den Druck, glücklich sein zu müssen. Besser ist es, einfach mal das Handy wegzulegen und die digitalen Reize zu reduzieren.
- Regelmäßige Mahlzeiten und eine ausgewogene Ernährung, reich an Vitaminen, Mineralstoffen und gesunden Fetten, können Nerven und Psyche unterstützen.
Wann solltest du Hilfe suchen?
Wenn Symptome länger als zwei Wochen andauern, sich verschlimmern oder den Alltag stark einschränken, ist es wichtig, psychologische oder ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine saisonale Depression ist eine ernsthafte Erkrankung – kein Zeichen von Schwäche.
National Institute of Mental Health. Seasonal affective disorder. NIH Publication No. 23-MH-8138. Revised 2023.
Shidhore N, Mangot A. Sunshine and Sadness: A Case Report on Summer Season Depression. Cureus. 2024 Dec 5;16(12):e75190.